Was man so in Schulferien anstellen kann – meine Reise nach Mysore, in hohe, kalte und tibetische Teile Indiens

Deserah Prozession
Deserah Prozession

Weil ich unterwegs per SMS von meiner Schulleiterin erfahren habe, Chaitanya Special School beginnt erst wieder am 2.11.12, habe ich mir eben diesen Freitag  freigenommen und meine großartige Reise ohne meine 3 Begleiterinnen um 7 Tage verlängert. Statt 9 war ich deswegen 16 Tage lang mit Rikscha, Auto, Jeep, Motorrad, Pferd  und Bus unterwegs.  Eigentlich stand auch eine Bergbahnfahrt auf unserem Plan, aber ich beginne doch lieber mal von vorne.

Am 27.10 stiegen wir zu viert in Udupi in den Bus nach Ooty, um dort zu erfahren, dass wir  in  17 Stunden ankommen werden. Grund: ein Teil der Strecke sollte besser nicht bei Nacht zurückgelegt werden. Folge: 6 Stunden Pause mitten im Wald.
Naja, die Anfahrt am Tag lieferte uns eine wunderbare Aussicht, denn Ooty liegt in mehr als 2000 Meter Höhe. In Ooty durften wir feststellen, dass es auch in Indien sehr kalt sein kann. Indien kann auch „europäisch“ grün sein und wir sind wieder mitten im Monsun gelandet. In diesem ehemaligen Rückzugsort für Briten gab es für uns ein paar britische Gebäude und Kirchen, einen botanischen-, einen Rosen- und einen Kunstblumengarten, Teeplantagen, eine Teefabrik und das erste Mal in Indien richtige Schokolade zu sehen. Dank des Monsuns und unserer Reisebüroleiterin blieben wir einen Tag länger in dieser nass-kalten Stadt

(meine Mitreisenden haben sich sogar mit Jacken und Schuhen ausgestattet)

. Es fuhr weder  die Verbindungsbergbahn, noch war das nächste Busticket richtig gebucht.


Nächster Halt: Mysore. Das saubere, schöne und alte Mysor ist noch immer Sitz der Herrscherfamilie, die früher einmal ein großes Gebiet regiert hat. Der nachts mit tausenden Glühbirnen erleuchtete Palast und die mehrstündige Deserah- Abschlussprozession mit Abendshow waren Grund für unseren dreitägigen Aufenthalt im zur Zeit des zehntätigen Deserah-Festivals ziemlich gefüllten Mysor. Der Anblick des riesigen Palasts allein war schon atemberaubend,  aber erleuchtet und in einem  Palastgelände mit mehreren Tempeln und beeindruckender Mauer versetzte mich das Ganze in freudiges Staunen. Die geschmückten Straßen und Plätze ließen den Anblick noch wunderbar nachhallen und gaben einen leichten Vorgeschmack auf die atmosphärisch doch ganz andere Prozession am nächsten Tag.
Einchecken, Tickets für die Abschlussprozession zu doppelten Preisen kaufen
( Korruption? ), Zigaretten und Räucherstäbchenherrstellung sehen und nachts mit ca. 15 anderen Freiwilligen essen gehen; das war ansonsten unser Programm für den ersten Tag. Es war schön die anderen Freiwilligen zu treffen. Ich kannte sie größtenteils schon von der Orientierungswoche her  und es gab  so Vieles zu erzählen. 
Am nächsten Tag ergatterten wir uns einen Platz nahe dem Palasttor, wo die Prozession am frühesten zu sehen war. Dort harrten wir dann mit vielen Leuten im Rücken vor der Absperrung drei Stunden lang aus bis die zweistündige Prozession begann. Sie begann und endete mit Elefanten. Verschiedenste Musiker, Tänzer, Turner, Kostüm- und Kämpfergruppen, gemischt mit Wägen, auf denen Szenen dargestellt waren, strömten pausenlos aus dem Tor. Zwischendurch wechselten wir den Platz vor die Barrikade, weil die Polizei mit ihren Schlagstöcken die Menge nur schwer zurückhalten konnte. Abends begaben wir uns mit von der Sonne geröteten Gesichtern  zu einem Stadium, in dem wir Motorradstunts, Tänzergruppen der verschiedenen traditionellen Stile Indiens, eine Laser- und eine Fackelshow zu sehen bekamen - ein überwältigender Tag.

Nach einem kurzen Besuch des alten Markts, auf dem es sehr viel Obst, Gemüse, Reis,  Gewürze und Krimskrams zu kaufen gab, ging es mit dem Bus 3 Stunden weiter nach Madikeri. Dort dauerte es ein Weilchen bis wir einen Platz zum Schlafen (für 2,50 die Nacht p. P.) gefunden hatten. Die Highlights des nächsten Tages waren ein britisches Fort, ein Wasserfall und ein Tempelfest mit anschließendem Essen. Gegen Ende des Essens wurden wir für den nächsten Tag zu einer Jeepfahrt auf einen der höchsten Berge und zu einem Gebirgsbach eingeladen. Mit den indischen Urlaubern, die die Fahrt organisiert hatten verstanden wir uns super und feierten deswegen auch noch gemeinsam mit ihnen in die Nacht hinein. An diesem Tag verabschiedete sich leider auch meine Kamera, aber ich versuche noch Bilder des restlichen Trips aufzutreiben.

Goldener Tempel
Goldener Tempel

Am letzten Tag mit den anderen Freiwilligen fuhren wir auf eine Kaffee-, Pfeffer- und Kardamonplantage und in ein buddhistisches Kloster, in dem es prachtvolle Tempel und Statuen zu sehen gab. Weil mich dieser tibetische Teil Indiens in seinen Bann zog und mich meine Erwartungen dort hintrieben verbrachte ich die nächsten 2 Tage in einer touristenlosen Klosterstadt, die das  erste Kloster in allem übertraf. Die Nächte musste ich aus rechtlichen Gründen außerhalb verbringen. Tagsüber befand ich mich dafür in Obhut eines Lamas (buddhistischer  Titel - ziemlich hohes Tier). Etwa 6.000 buddhistische Mönche und andere (Exil-)Tibeter leben dort in  ihrer eigenen Stadt mit Mönchsschulen und mehreren „Tempeln“. Bau-, Mal-, Kleidungs- und Lebensstil unterschied sich einfach total von dem der Inder, die ich bisher kannte. Die Menschen leben europäischer als die meisten Inder, können aber weniger Englisch.   Auch wenn die Verständigung schwer war, wurde mir viel gezeigt und erklärt. Die riesigen Buddhastatuen in den Meditationshallen und die kräftige Musik waren wahnsinnig beeindruckend. Für mich war es, als besuchte ich ein anderes Land - Indien zeigte mir ein anderes Gesicht.

Letzter Aufenthaltsort meiner Reise war wieder Mysor, diesmal um die Sehenswürdigkeiten und das angenehme Städtchen zu genießen und weil ich mir sicher war,  dort eher allein zurechtzukommen. Dort war ich des öfteren mit einem Studenten unterwegs, den Ich über "Couchsurfing" kennengelernt habe. Mit ihm besuchte ich  u.a. das prachtvolle Innere des Palastes. Neben einem Innenhof, einer Halle mit Emporen unter einer Kuppel, Möbeln aus Elfenbein und Marmor, einem „Balkon“ von dem man das Palastgelände sehen konnte und zahlreichen Gemälden, war der Thronsaal mit einem 2 Meter hohen goldenen Thron auf dem 3 Leute nebeneinander hätten sitzen können, der Höhepunkt der Hinterlassenschaften des Maharajas. Das alles im islamisch-indischen Stil mit europäischem Touch, gab ein kleines Abbild des früheren Reichtums und der Geschichte Indiens. Solch ein Abbild bekam Ich auch nochmal im Kunstmuseum Mysor‘s.
Die St. Philomena’s Cathedral war etwas kitschiger als die Kirchen, die ich aus Deutschland kenne, aber sonst ganz nett anzusehen.  Des weiteren besuchte Ich noch einen Hügel, von dem ich ganz Mysor hätte sehen können, wäre nicht gerade der Monsun vorbeigekommen. Der Tempel auf der Spitze ist mir aber nicht entgangen.
Ein älterer, schöner verzierter und in einem kleinen Park gelegener Tempel in Somnathpur faszinierte mich sehr mit komplexen geometrischen Deckenverzierungen, vielen Miniaturstatuen in Miniaturtempeln, die die Außenseiten des Tempelgebäudes bildeten und einer wahnsinnigen Atmosphäre bei Sonnenuntergang – schwer mit Worten zu beschreiben.
Der Nachts beleuchtete Garten, der riesige Damm außerhalb Mysors , der Tempel und die Moschee in Skirangapatam kamen nicht ganz an diese Eindrücke heran, waren aber auf jeden Fall einen Besuch wert.
Außerdem machte ich diese Ausflüge mit 2 anderen Freiwilligen aus Mysor. Die Gesellschaft von Deutschen tat mir nach 5 Tagen Tibetern, Indern und Franzosen auch wieder ganz gut.
Die letzten 10 Stunden meiner Reise  verbrachte ich auf einer Schlafbrige in einem „Sleeperbus“, eine ganz angenehme Art nach Hause zu reisen, um 2 Stunden später zur Arbeit anzutreten ;). Puh das waren vielleicht zwei bereichernde Wochen. Ich bin erst mal wieder froh daheim zu sein.