Aufbruchstimmung

In meinen letzten Monaten konnte ich im Projekt nochmal mit frischer Energie anpacken. Aufgrund von Überlastung der Schulleitung mit Papierkram übernahmen Anna, die Studentin, die im Projekt ihr Praktiumssemester verbringt und ich die Schüler für mehrere Vormittage.  Besonders Gruppenspiele haben wir in dieser Zeit für uns entdeckt. Einige Zeit habe ich damit verbracht die Schule mit neuen Spielzeugen, Hygiene- und Büroartikeln auszustatten. Ich habe zwei Kassettenrecorder reparieren lassen und mir selbst die stationären Fahrräder zur Wartung vorgenommen. Zusammen mit Anna habe ich die Profile der Kinder(= Biographie der Kinder mit Diagnosen etc..) ergänzt, einen Brief an die Eltern der Kinder und einen an die nächsten Freiwilligen geschrieben. Wir haben einen Flyer für die Schule erstellt, die Jahresberichte der Schule überholt und getippt und bei dem Papierkram geholfen, der unsere Schule unter staatliche Förderung bringen soll. Das Projekt sollte jetzt für die nächsten Freiwilligen gut eingerichtet sein. Mit meiner Gastmutter habe ich Computer-und Kochkenntnisse ausgetauscht. Darüber hinaus habe ich eine Hochzeit besucht, war mal wieder in Goa und im Ashram in Coimbatore und habe letzte Einkäufen getätigt, begonnen mich zu verabschieden Geschenke verteilt und Berichte geschrieben.

Obwohl hier viel mehr als in einem deutschen Jahr passiert ist, kommt es mir auch so vor als wäre ich erst vor ein paar Wochen aus Deutschland hierhergekommen; als hätte ich mich erst vor kurzem von Allen verabschiedet. Zurückkehren ist so, als würde ich von meiner Wirklichkeit jetzt (Indien), die früher einmal wie ein Traum war, in einen Traum (Deutschland) fliegen, der früher einmal Wirklichkeit war (Für Klarträumer: Natürlich sind die Träume luzide und wahrscheinlich ist das Erwachen falsch). Indien ist zu einer Heimat geworden. Doch meine Vergangenheit holt mich ein. Was kann ich von ihr nach einem Jahr erwarten? Wie viel hat sich verändert? Wie sehr habe ich mich verändert? Werde/will ich noch in alte Muster passen? Wer wird mich verstehen? Ich werde erzählen können, aber meine Erfahrungen hatte ich doch allein. Niemand von Früher war dabei:

 

  • in den Nächten die ich am Meer verbracht habe, mit Feuer, leuchtendem Plankton und den Sternen
  • während der Zeit die ich mit Menschen aus der ganzen Welt verbracht habe
  • im Projekt mit meinen Schülern und den Herausforderungen und Freuden, die sie für mich bereithielten
  • bei meiner Gastfamilie, wo ich alles fand was ich brauchte, vor allem Menschen die für mich da waren
  • In Menschenmassen oder auf den Wegen wo ich verloren ging
  • als ich auf Bergen, in Tempeln, Bahnhöfen, Schulen, Hotels oder Ashrams übernachtet habe
  • als ich Wasserfälle, Paläste, Palmen, Höhlen, Megastädte, Slums, Wüsten oder den Himalaya sah
  • während Glück, Unglück, Hilfe, Verzweiflung, Liebe, Wut, Leben, Spielen,  Lernen, Feiern, Krankheit, Diskriminierung, Verehrung, Menschen, Götter, Opfer, Leid, Tod und andere Dinge meinen Weg kreuzten.

All das werde ich in mir herumtragen, auch wenn es tausende Kilometer entfernt passiert ist. Ich hoffe ihre nehmt mich trotzdem wieder herzlich auf ;).
Von Anfang August an werde ich wieder zuhause sein.
Es freut sich schon auf euch
euer Manuel